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Berufsbildung am Beginn



Die Chaîne des Rôtisseurs wurzelt in der Tradition der früheren corporation royale des Ayeurs. Die ayeurs waren die Gänsebrater. Sie hatten eine hohe Stellung, denn die Gans wurde im Mittelalter ganz besonders geschätzt. Die geschriebene Geschichte der Gilde der Gänsebrater geht zurück auf das Jahr 1248. In dieser Zeit veranlaßte König Ludwig der Neunte, der spätere Saint-Louis, daß die Handwerkszweige und ihre Zünfte neu geordnet wurden, um die Berufsbildung des Nachwuchses und die Fachkenntnisse der Mitglieder zu verbessern. Damit entstanden in Frankreich – wohl besser in Paris – Ordnungen oder Statuten für über 100 confréries, wie diese berufsständischen Organisationen benannt wurden. Zu diesen Zünften gehörte auch die Confrérie des Ayeurs.

In mittelalterlichen Zeiten und auch in der beginnenden Neuzeit gehörten die cuisiniers (Köche) und die rôtisseurs (Bratköche) zu den Mitarbeitern der Herrschaften und lebten meistens auch im Schloß. Natürlich gab es Tavernen und Herbergen, die auch Essen gereicht hatten, doch dort arbeiteten keine berufsständischen Köche. Das moderne Restaurant, wie wir es heute auch kennen, entsteht erst kurz vor der Französichen Revolution. Somit waren die Berufsständischen vor allem am Königshof, an den Höfen von Herzögen, von weltlichen und geistlichen Fürsten und wohl auch von niedererem, aber wohlhabendem Adel zu finden. Sie stellten ihre regelmäßigen Zusammenkünfte und ihre Bankette unter das Patronat ihrer Herrschaften und kamen dabei zur Einsicht, es sei von Vorteil, auch die "Kundschaft" miteinzubeziehen.

Im Laufe der Zeit wurden auch andere Bratenstücke wie Fleisch, Wild und alle andern Geflügel sehr geschätzt. Damit weitete sich der Kreis rasch auf andere Bratköche aus. In der Zeit von Ludwig dem Zwöflten, Louis XII, wurden 1509 neue Regelungen erlassen, die zu einer Umbennenung führte. Aus der corporation des Ayeurs wurde die corporation des Rôtisseurs und der Zuständigkeitsbereich als Bratköche auch neu umschrieben.

Im Jahre 1610 unter Louis XIII, Ludwig dem Dreizehnten, erhielt die Confrérie des Rôtisseurs eine Köngliche Charta und sein eigenes Wappen, das immer noch in unserem Emblem weiterlebt.

Die Französische Revolution brachte 1789 einen wahren Epochenbruch. In diesem gewaltigen Umbruch wurde alles Ständische hinweggefegt. Dazu gehörten geistliche Kongregationen, Klöster, selbstverständlich der Adel und logischerweise auch die Zunftorganisationen. Das traf nun auch die corporation des Rôtisseurs. Auch diese confrérie verschwand. Doch die historischen Dokumente und das Wissen um diese jahrhundertealte Gilde ist nicht verlorengegangen.

Quellen:
u.a. "Gastronomie" von Jean Valby, 495 Seiten, 1989, Edition de la Revue Bonne Table et Tourisme, CH-2013 Colombier / Suisse


12.04.2010 – © Rudolf Mohler, CH-4104 Oberwil/Suisse